Nördlich von Wien, im niederösterreichischen Weinviertel und nicht weit von der Brünner Straße und der A5 nach Mistelbach, liegt die Pfarre Ulrichskirchen, die zum Dekanat Wolkersdorf und zum Wiener Vikariat Nord - Unter dem Manhartsberg gehört.
Die Gemeinde heißt Ulrichskirchen – Schleinbach (2600 Ew.), liegt auf 191 m Seehöhe und gehört zum Bezirk Mistelbach.
Der Ort trug früher den Namen Nerden, lag an der Salzstraße (Mautstelle) und zeigt noch heute mittelalterliches Gepräge. Es führte auch ein Römerweg durch den Ort. Das Marktrecht wurde 1695 erneuert. Eine Reihe von Zünften hatte einst in Ulrichskirchen ihren Sitz. Die Gemeinde hatte unter den Einfällen der Böhmen, Hussiten, Schweden, Kuruzzen, Franzosen, Preußen und Russen viel zu leiden. Am Kirchenplatz steht das Denkmal für die hier verstorbenen Franzosen und Österreicher (Wagramer Schlacht 1809). Bedeutend ist das Schloss, das 1250 von Eufemia von Kuenring erbaut wurde. Es diente früher als Fluchtburg und war Sitz des Blutgerichts. 1645 fanden hier die ersten Friedensverhandlungen im Dreißigjährigen Krieg statt. Während der Franzosenkriege war es ein Feldspital (1797 – 1809).
Die im Kern romanische Pfarrkirche wurde 1100 auf den Resten eines Römerlagers errichtet und 1200, sowie 1285 erweitert. Einst war die Kirche zweitürmig und von Wehrtürmen umgeben. Das ehemalige Hochaltarbild mit der Darstellung des Hl. Ulrichs befindet sich heute in der Ulrichskapelle, über dem Hochaltar befindet sich eine gotische Marienstatue. Sehenswert sind weiters die Kanzel (1718), der Taufstein (1570), Grabsteine aus dem 16. Jahrhundert, sowie die freigelegten gotischen Fresken.
Grußwort des Pfarrers
Liebe Pfarrgemeinde!
Ich begrüße Sie und möchte mich kurz vorstellen.
Mein Name ist Lawrence Ogunbanwo und wurde in Ibadan im Westen Nigerias geboren. Dort habe ich 6 Jahre die Elementarschule (Volksschule) und 5 Jahre das kleine Priesterseminar in unserer Diözese absolviert. Nach einem Jahr spiritueller Vorbereitung besuchte ich 8 Jahre das große Priesterseminar, wo ich Philosophie und Theologie studierte und das Diplom für Religiöse Studien und den Abschluss in Theologie erwarb.
Am 07. Oktober 1989 wurde ich zum Priester geweiht. Neuen Jahre arbeitete ich als Sekretär der Erzdiözese Ibadan, Nigeria. Gleichzeitig war ich Kaplan in einer Pfarre.
Zu weiteren theologischen Studien kam ich 1998 nach Österreich und wurde der Pfarre Am Tabor im zweiten Wiener Gemeindebezirk als Aushilfskaplan zugeteilt. Im Jahr 2000 wurde mir der Titel eines Magisters der Theologie verliehen. Von 2002 bis 2006 leitete ich die afrikanische katholische englischsprachige Gemeinde der Erzdiözese Wien als Seelsorge. Während dieser Zeit promovierte ich auch zum Doktor der Theologie.
Im August 2006 ernannte mich Kardinal Christoph Schönborn zum Pfarrmoderator der Pfarrgemeinden Großebersdorf und Manhartsbrunn. Und dazu im Juli 2015 zum Pfarrmoderator der Pfarrgemeinde Ulrichskirchen mit Mag. Ivan Levko als Pfarrvikar der Pfarren Ulrichskirchen, Großebersdorf und Manhartsbrunn.
Mir ist bewusst, dass die Aufgabe in drei Pfarren eine große Herausforderung ist. Aber meine große Freude ist: Es ist gut, dass so viele engagierte Gläubigen geben. Deshalb steht für mich die Zusammenarbeit zwischen Priester und die Gläubigen unter dem Motto: „Mitmachen mit großer Begeisterung“, denn als Getaufte sind wir alle Kirche. Aber das Mitmachen bedarf Geduld, Herzlichkeit, Offenheit, Vertrauen, Zuversicht und Ermutigung.
Es freut mich unsere Partnerpfarre – Zeltweg - kennenzulernen.
Lawrence Ogunbanwo
Älter als 450 Jahre - eine kurze Geschichte des Pfarrhofs von Ulrichskirchen
Zu einer Pfarre gehörte schon von Anfang an nicht nur eine Kirche, sondern auch ein Pfarrhof als Wohnhaus für den oder die Priester, die am Pfarrort die Seelsorge - das war im Mittelalter vor allem die Spendung der Sakramente und die Zelebration der Messe an den Sonntagen und an den zahlreichen Feiertagen -ausübten.
Dieser enge Zusammenhang zwischen Kirche und Pfarrhof kommt treffend in einer Urkunde, die Kaiser Heinrich II. am 5. Juli 1014 in Bamberg ausstellte, zum Ausdruck; kraft dieser Urkunde schenkte der Kaiser dem Passauer Bischof an fünf Orten in der damaligen Babenbergermark, im heutigen Niederösterreich, jeweils nicht nur den Bauplatz für die Kirche sondern auch einen Platz, „wo sich der Priester sein Haus errichten kann“.
Kirche und Pfarre Ulrichskirchen reichen bis in das 11. Jahrhundert zurück. Auch Pillichsdorf war ursprünglich eine Filiale von Ulrichskirchen, erst um 1330 wurden Ulrichskirchen und Pillichsdorf zu einer Doppelpfarre unter dem Patronat der Bischöfe von Passau vereinigt. So wurden Pillichsdorf und Ulrichskirchen bis an den Beginn des 18. Jahrhunderts oft von einem Pfarrer gemeinsam verwaltet, wobei mitunter der Passauer Offizial bei Maria am Gestade in Wien, der Vertreter des Passsauer Bischofs für sein niederösterreichisches Diözesangebiet, nominell Pfarrer von Pillichsdorf-Ulrichskirchen war, die tatsächliche Seelsorge jedoch von Vikaren ausgeübt wurde. Erst 1724 wurde die Verbindung der Pfarren Ulrichskirchen - Pillichsdorf endgültig aufgehoben.
Der heutige Pfarrhof von Ulrichskirchen hatte auf jeden Fall einen mittelalterlichen Vorgängerbau. Wie viel von diesem - vor allem in den Fundamenten - heute noch erhalten ist, könnten genaue Bauuntersuchungen darlegen. Die bis zur Gegenwart überlieferte, charakteristische Gestalt erhielt der Pfarrhof von Ulrichskirchen aber durch den Neubau unter Pfarrer Freiherr Oktavian von Terzi ab 1660.
Oktavian von Terzi wurden 1619 in Graz als Sohn des Görzer Adeligen Caspar von Terzi geboren. Dieser war Diplomat in den Diensten des Kaisers, als jüngerer Sohn wurde Oktavian für die geistliche Laufbahn bestimmt. Schon mit 15 Jahren erhielt er im Jahr 1634 in Wien die Tonsur und die niederen Weihen, im nächsten Jahr (1635) erlangte er bereits eine Domherrenstelle in Laibach, ab 1636 studierte er in Rom Philosophie, Theologie und Kirchenrecht und erlangte das Doktorat. 1646 erhielt Oktavian von Terzi eine Domherrenstelle in Wien. 1657 wurde er vom Passauer Bischof zum Pfarrer und Dechant von Pillichsdorf ernannt, 1660 erhielt er auch noch die Pfarre Ulrichskirchen. Von 1671 bis 1674 war Oktavian von Terzen zusätzlich auch noch Passauer Offizial und Generalvikar für das Passauer Diözesangebiet in Niederösterreich. Pfarrer von Terzi hat Ulrichskirchen seine besondere Sorge zugewandt: so ließ er hier schon ab 1660 den Pfarrhof neu bauen und 1670 die Pfarrkirche umfassend renovieren. Der Freiherr hielt sich vor allem in seinen letzten Lebensjahren meist in Ulrichskirchen auf und erfreute sich hier an seiner für seine Zeit einzigartigen Uhrensammlung. Im Pfarrhof von Ulrichskirchen verfasste er auch am 13. Dezember 1686 sein Testament. Im folgenden Jahr verstarb er in Wien.
In seinem Testament berichtete Pfarrer von Terzi auch von dem von ihm durchgeführten Neubau des Pfarrhofs von Ulrichskirchen, so schrieb er: „Meinen Herrn succcessoribus [Nachfolgern] vür und vür in der Pfarr Ulrichskirchen verlasse ich den Pfarrhof wie er steht, zimblich wohl gebauet, zumalen ich ihn mit großen Unkosten ganz von Neuem erhebet“. Durch Ankauf eines öden Nachbargrundstücks konnte dabei auch der Pfarrhofgarten vergrößert werden.
Die noch heute imponierende weitläufige Anlage des Pfarrhofs wird erst dann verständlich, wenn man berücksichtigt, dass der Pfarrhof nicht nur Wohnung für den Pfarrer und seinen Kaplan, sondern bis zur Grundentlastung des Jahres 1848 zugleich auch Zentrum der pfarrlichen Grundherrschaft war. So hatte auch die Pfarre Ulrichskirchen Untertanen und bezog vor allem aufgrund von Zehentrechten unterschiedliche Naturalabgaben.
Aus einem Inventar, das im Jahr 1808 über den Pfarrhof verfasst wurde, gewinnt man noch heute eine Vorstellung von den vielfältigen Funktionen, die der Pfarrhof damals erfüllte. Der Pfarrhof mit dem Innenhof und allen seinen unterschiedlichen Nebengebäuden hatte eine Gesamtfläche von rund 1100 Quadratmetern, in der Mitte befand sich ein mehr als 20 m tiefer Pumpbrunnen. Man betrat den Pfarrhof in einem gewölbten, mit Ziegeln gepflasterte Vorhaus, von dem eine breite steinerne Stiege mit 18 Staffeln in den ersten Stock führte. Im Erdgeschoß befanden sich das Zimmer des Meiers (er stand der Eigenwirtschaft des Pfarrers vor), das Zimmer der Köchin, die Speis oder Mehlkammer und die Küche mit einem großen Herd, einem kleinen und einem großen Backofen und einem „Pastetenöferl“. Im ersten Stock befand sich das Wohnzimmer des Pfarrers mit einem Nebenzimmer und einem Kabinett, ein Gastzimmer, ein Speisesaal mit einem offenen, 1808 schon unbrauchbaren Kamin. Neben dem Speisesaal lagen die aus drei Zimmern und einem Nebenzimmer bestehenden sogenannten Winterwohnungen. Schließlich befanden sich im ersten Stock auch noch das Kanzleizimmer, der Aufgang zum Dachboden und eine „Retirade“ (Toilette) mit einer Schlauchverbindung zur Dunggrube im Hof. Unter dem Speisesaal und den Winterwohnungen lagen im Erdgeschoß die Viehstallungen und der Schüttkasten. Viehställe gab es für Geflügel und Pferde (in der Regel für 6 Stück). In den vom Hof aus zugänglichen Keller führten 15 Holzstaffel, er war groß genug, um 50 Eimer Wein zu fassen. Daneben gab es noch einen Kuhstall für 6 Stück Vieh, einen Fruchtstadel, daran anstoßend einen Wagenschupfen mit einem Heuboden darüber. Neben dem Pfarrhof lag das Küchengartl, immerhin fast 400 Quadratmeter groß. Zusätzlich hatte die Pfarre noch an der Westseite des Marktes ein Presshaus mit einem Keller mit einem Fassungsvermögen von 800 Eimer Wein.
Mit dem Wegfall der Grundherrschaft und der Aufgabe der Eigenbewirtschaftung verloren einzelne Teile des weitläufigen Pfarrhofs ihre ursprüngliche Funktion. Im 20. Jahrhundert kamen zeitweise neue Verwendungen hinzu, so wurde unter Pfarrer Robert Schmid [von 1946 bis zu seinem Tod (9. Februar 1963) Pfarrer von Ulrichskirchen] im Jahr 1949 eine Pfarrhofkapelle eingerichtet, in dieser durfte auch in einem eigenen Tabernakel das Allerheiligste aufbewahrt werden.